Es lebe der 1. Mai, der internationale Tag der Arbeit!
Der 1. Mai, der internationale Tag der Solidarität der Arbeiterklasse, wird dieses Jahr im Schatten einer weltweiten Krise durch die Corona-Pandemie begangen. Das Leben der Arbeiter*innen, Lohnabhängigen und Geringverdiener*innen ist, neben der weltweiten Pandemie, durch die weiter bestehende Krise des Kapitalismus sehr eingeschränkt. Die Unfähigkeit und Ineffizienz des Staats und der Regierung der Islamischen Republik Iran hat die Situation stark verschlechtert und in der Fläche ausgeweitet, wie das schon in der Vergangenheit der Fall war.
Die Nicht-Einführung einer effizienten Gesundheitspolitik und die Lockdowns zur Eindämmung der Corona-Pandemie, bei gleichzeitiger Nicht-Versorgung der Menschen durch die Regierung, hat die Versorgungskrise der Menschen drastisch verschlimmert. Obwohl die Arbeiter*innen und Lohnabhängigen berechtigte Forderung nach sofortiger, kostenloser Impfung für Alle skandierten und darauf beharren, versuchen die Machthaber in ihrem eigenen Interesse und dem ihrer Verbündeten, den Import der Impfseren dem privaten Sektor ohne Kontrolle und Kompensation zu überlassen.
Dieses Problem hat einen großen Teil der Bevölkerung und insbesondere die Mittelschicht drastisch ins Elend gezwungen. Zunehmend werden Menschen an die verarmten Ränder der Gesellschaft getrieben. Die Lage der Arbeiterinnen und werktätigen Frauen ist am schlimmsten. Laut den bestehenden Statistiken stieg die Arbeitslosigkeit der Frauen im Laufe der Pandemie durch Entlassungen auf 70%, was sich in katastrophalen Lebensbedingungen der Frauen widerspiegelt. Da Arbeiter*innen allgemein eher in niedrig entlohnten Arbeitsbereichen eingestellt werden, sind sie als erste von Entlassungen und Arbeitslosigkeit betroffen, was zu ihrer Isolation und Verarmung führt. Es ist ein Schlag gegen die gesamte Arbeiterklasse, der insbesondere die finanzielle Benachteiligung und die geschlechtsspezifische Diskriminierung der Frauen und deren Kinder besonders verschärft.
Trotz allen Schwierigkeiten ist es den iranischen Arbeiter*innen und ihren Unterstützern gelungen, unermüdlich und konsequent ihren Kampf fortzusetzen – trotz einer sehr ungleichen Machtverteilung, massiver Repressalien gegen sie und unterstützende Aktivist*innen anderer sozialer Bewegungen. Arbeiter*innen und Belegschaften verschiedener großer Fabriken, Raffinerien und petrochemischer Industrieanlagen – von der Hepko Industriefabrik, der Rohrzuckerfabrik Haft-Tapeh, dem Teheraner Busbetrieb, einer Stahlfabrik in der Provinz Khusistan bis zur Lehrerschaft, Rentner*innen, Student*innen und unterstützenden Frauen – haben auf verschiedene Art und Weise gegen die neoliberale, von Gewalt geprägte Politik des Regimes beständig protestiert. An Spitze dieser Bewegung muss man die unermüdlichen Kämpfe der Belegschaft der Rohrzuckerfabrik Haft-Tapeh erwähnen, die seit Jahren gegen die Politik der Privatisierung von Fabriken kämpft, und Korruptionen in gigantischen Dimensionen auf privaten und staatlichen Ebenen entlarvt und in der Gesellschaft thematisiert. Um ihre Forderungen umsetzen zu können, haben sie sich für eine Entscheidungsträgerschaft der Arbeiter*innen und Räteverwaltungen durch die Belegschaft in Fabriken ausgesprochen. Diese Bestrebungen werden von mehreren internationalen Gewerkschaften und Arbeiter*innenorganisationen unterstützt.
Entgegen diesen sinnvollen Forderungen schlagen die Ideologen der Kapitalisten des Regimes immer wieder neue sinnlose Pläne und Alternativen vor, um die Krise zu überwinden und nicht zuletzt um die protestierenden Belegschaften auszutricksen. Aber die iranische Arbeiterklasse hat begriffen, dass die Überwindung dieser Probleme nicht durch die Krisenverursacher und unter dem Deckmantel verschiedener Namen gelöst werden wird. Sie lässt sich nicht mehr durch leere Versprechungen der Regierenden täuschen. Durch ihre historische Erfahrungen geschult wissen sie auch, dass Lösungen der Probleme nicht durch – egal welche – Großmächte und deren Zwischenspiele zustande kommen werden. Anhängen und Vertrauen an internationale oder regionale Mächte werden nur als voraussichtliches Verschenken unserer Arbeitswerte an diese verstanden. Diese Einsicht wird den Weg bezüglich versuchter Einflussnahmen und Einmischungen auf wirtschaftlicher, politischer und geopolitischer Ebene im Iran pflastern.
Das Ziel der Großmächte war nie die Unterstützung der Interessen der iranischen oder internationalen Arbeiterklassen, der Werktätigen und Lohnabhängigen. Unsere Alternative eine Vereinigung und Solidarität zwischen Arbeiter*innen und ihren Verbündeten in den Städten und Dörfern. Eine solche Vereinigung unserer Reihen trägt dazu bei uns zu organisieren, gegen andere Alternativen, die den Kapitalismus unterstützen und die soziale Gerechtigkeit und Beteiligung der Arbeiterschaft ablehnen.
Wir als Arbeiterklasse sind weit verstreut. Dieses Problem warnt uns davor, dass wir trotz Selbstlosigkeit und Kontinuität des Kampfes, jedoch ohne eine ernsthafte und organisierte Zusammenarbeit zwischen allen Arbeiter*innen und Lohnabhängigen, nicht in der Lage sein werden, gegen eine Politik, die den Arbeiter*inneninteressen entgegensteht, erfolgreich zu kämpfen und die bestehende Situation nachhaltig zu verändern.
Wir habe mehrmals erlebt, wie unsere Verhandlungen mit der Regierung, ohne unsere eigenen, unabhängigen Arbeiter*innenorganisationen und -vertretungen, sich wiederholt entgegen unseren Forderungen und Bedürfnissen entwickelt und oft verschlechtert haben. In einer Wirtschaftssituation, deren Armutsgrenze für eine Arbeiterfamilie bei mindestens 12 Millionen Toman (…Euro) angesetzt wird – diese Mindeststandards des Lebensunterhalts sogar durch regierungstreue Gruppen befürwortet werden – und der Bedarf des staatlichen Hauses der Arbeiter auf 8-9 Millionen Toman geschätzt wird, verweigert die Regierung eine Einigung auf 8,2 Millionen Toman (…Euro).
Unsere einzige Möglichkeit besteht in einer internen Selbstorganisierung der einzelnen Produktionssektoren in den regionalen und landesweiten Organisationen, um die Spirale der wiederholten Niederlagen zu brechen. Ohne eine solche landesweite Organisierung werden unsere Forderungen und unser Einsatz im Arbeitskampf weiter ergebnislos bleiben.
Wir benötigen dringend die Bildung eines Rates zur Zusammenarbeit zwischen Arbeiter*innen aller Sektoren und Belegschaften, den Lohnabhängigen, der Lehrerschaft, den Rentner*innen, Frauen, Student*innen und Arbeitslosen. Das ist nicht nur eine der Aufgaben unter anderen, sondern es ist das wichtigste Glied unserer Selbstorganisierung in der Gesellschaft. Ohne eine solche landesweite Organisierung werden wir unsere Forderungen nicht durchsetzen können. Die Etablierung der Konvergenz zwischen unseren zerstreuten Kämpfen und der angestrebten Vergrößerung der Solidarität, ist unsere sofortige und überlebenswichtige Aufgabe.
Die Arbeiter*innen und Werktätigen in Iran haben einen Anspruch auf das Streikrecht und das Recht auf unabhängige Arbeiter*innenorganisationen.
Die Durchsetzung dieser Forderungen und Wege in die Freiheit liegen in unseren Händen!
26. April 2021
Die Unterzeichner*innen dieser gemeinsamen Erklärung:
- Gewerkschaft der Teheraner Busbetriebe und Umgebung
- Gewerkschaft der der Arbeiter*innen der Rohrzuckerfabrik Haft-Tapeh
- Lehrerberufsverband in der Stadt Islamshahr
- Lehrerberufsverband im Provinz Gilan
- Lehrerberufsverband in der Stadt Marivan-iranische Kurdistan
- Lehrerberufsverband in der Stadt Aligoodarz
- Lehrerberufsverband in der Stadt Saghez und Zivieh- iranische Kurdistan
- Die Gruppe der Frauenaktivisten (Bidarzani)
- Vereinigung der Rentner*innen
- Rat der iranischen Rentner*innen
- Landesweite Vereinigung der iranischen Rentner*innen
- Vereinigungsgruppe der iranischen Rentner*innen
- Koordinationskomitee zur Unterstützung für die Gründung der Arbeiterorganisationen
- Komitte zur Unterstützung für die Gründung der Arbeiterorganisationen
- Dialogverein der Rentner*innen der Versicherungsanstalt
Übersetzt von Prison’s Dialogue/ 27. April 2021
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